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Hohmann- und Paternoster-Bahn

Die Paternoster-Bahn zum Mars

In diesem Kapitel wird ein konventionelles Hohmann-Missionsprofil beschrieben. Dann folgt die Vorstellung eines neuen Missionsprofils, bei dem zwei Raumschiffe und zwei Mannschaftskapseln, „Taxis" genannt, benötigt werden. Die Raumschiffe sind von der Konfiguration einer herkömmlichen Raumstation ähnlich, pendeln allerdings zwischen Erde und Mars und werden deshalb „Paternoster" genannt. Ein Raumschiff wird für den Flug von der Erde zum Mars verwendet und heißt „Obelix". Das andere Raumschiff dient der Reise vom Mars zur Erde und wird „Asterix" genannt.

Es folgt dann ein Link zu weiteren himmelsmechanischen und mathematischen Details.

Bisherige Marsmissionsprofile basieren gewöhnlich auf einem Hohmann-Orbit, weil dieser den geringstmöglichen Energieaufwand für die Geschwindigkeitsänderungen beim Verlassen des Schwerefeldes der Erde und beim Einfangen vom Schwerefeld des Mars erfordert. Das Missionsprofil ist grob wie folgt umschreibbar:

  • Hinflug zum Mars 258 Tage
  • Aufenthalt auf dem Mars 457 Tage
  • Rückflug vom Mars 258 Tage

Die resultierende Gesamtflugzeit beträgt also 973 Tage, das entspricht mehr als 32 Monaten.

Hier soll ein Missionsprofil beschrieben werden, bei dem von Niedrigenergie-Orbits abgesehen wird und stattdessen ein kurzer Aufenthalt auf dem Mars verbunden mit kurzen Flugzeiten angestrebt wird. Das Missionsprofil sieht folgendermaßen aus:

  • Hinflug zum Mars 243 Tage
  • Aufenthalt auf dem Mars 44 Tage
  • Rückflug vom Mars 187 Tage

Hier ist die Gesamtflugzeit also 474 Tage, weniger als die Hälfte der konventionellen Lösung. Ein großer Nachteil der vorgestellten Lösung sind die hohen Geschwindigkeitsänderungen bei den Abflügen sowohl von Erde als auch Mars und bei der Ankunft am Mars. Allerdings ist für jede neue Mission im Wesentlichen nur die Beschleunigung von kleinen Mannschaftskapseln notwendig. Diese Mannschaftskapseln haben im Grunde nur die Funktion, die Astronauten zu den jeweiligen eigentlichen beiden Raumschiffen zu bringen. Eines der beiden zum Einsatz kommenden Raumschiffe pendelt, ein Mal auf die jeweilige Bahn gebracht und dann mit relativ geringem Aufwand von der Erde aus versorgt, ununterbrochen zwischen Mars und Erde, das zweite Raumschiff fliegt auf einer freien Rückkehrbahn von der Erde zum Mars und von dort antriebslos wieder zur Erde zurück, wo es auf aerodynamischem Wege abgebremst und dann in einem niedrigen Erdorbit für weitere Missionen „geparkt" wird. Das erste Raumschiff wird für den Hinflug zum Mars verwendet, das zweite Raumschiff ist für den Rückflug vorgesehen. Dies ermöglicht eine Nutzung bei folgenden Marsmissionen mit im Vergleich zu konventionellen Missionen verringertem Aufwand.

Die Landungen auf dem Mars erfolgen mit zwei der Mondfähre des Apollo-Programms ähnlichen Landern an zwei völlig verschiedenen Stellen auf dem Mars. Treibstoff für diese Lander sowie Versorgungsmittel für die Zeit des Aufenthalts im Marsorbit und auf dem Mars und Treibstoff für den Rückflug aus dem Marsorbit wird unbemannt in zwei getrennten Missionen auf einer energiesparenden Hohmann-Bahn vorab vom Erdorbit zum Marsorbit gebracht.

 

Zum Mars in einem Hohmann-Orbit

Unbemannte Sonden werden gewöhnlich auf einer sogenannten Hohmann-Bahn zum Mars geschickt, weil der Energieaufwand dafür sehr gering ist. Für bemannte Marsmissionen wird meistens ebenfalls und aus dem gleichen Grunde diese Bahn bevorzugt, was allerdings eine sehr lange Missionsdauer nach sich zieht, wie unten klar wird.

Ein Hohmann-Orbit tangiert jeweils die Erdbahn und die Marsbahn. Die Radien von Erd- und Marsbahn (jeweils als Kreisbahnen vereinfacht) betragen

rE = 1,49 * 1011 m

rM = 2,28 * 1011 m

Der Radius der Hohmann-Bahn ist so der mittlere Radius aus den Radien von Erde und Mars:

rH = 1,885 * 1011 m

Aus diesem Radius ergibt sich eine Umlaufzeit eines Satelliten um die Sonne auf einer Hohmann-Bahn von

TH = 517 d

Für die Exzentrizität muss gelten, dass sie die Hälfte der minimalen Distanz Erde-Mars betragen muss. Daraus ergibt sich auch ein Achsenverhältnis (wäre bei einem Kreis 1, bei einer Ellipse < 1). Es folgt

eH = 0,395 * 1011 m

Achsenverhältnis: 0,98

Die Hohmann-Bahn ist in Bild 1 dargestellt.

Hohmann-Orbit zwischen Erde und Mars                      

Bild 1: Der Hohmann-Orbit. Blau: Erdbahn. Orange: Marsbahn. Grün: Hohmann-Orbit. Die Skala ist in 1010 m. Zu erkennen ist die Exzentrizität der Hohmann-Bahn von etwa 4 * 1010 m. Zusätzlich sind in Gelb die Bahnen von Merkur (innen) und Venus (außen) eingezeichnet. Im Zentrum des Orbits ist die Sonne.

 

Wird von der Erde ein Satellit im Punkt 1 auf eine Geschwindigkeit von 3160 m/s beschleunigt, dann umkreist er die Sonne in 517 Tagen und erreicht nach der Hälfte dieser Zeit an seinem sonnenfernsten Punkt die Marsbahn. Nach 517 Tagen ist wieder die Erdbahn erreicht. Allerdings ist die Erde zu dieser Zeit nicht an dieser Stelle.

Ein Flug zum Mars und wieder zurück auf Hohmann-Bahnen ist in Bild 2 dargestellt.

 Marsreise auf Hohmann-Bahnen

Bild 2: Flug zum Mars und zurück auf Hohmann-Orbits. Der Orbit der Rückflugbahn ist um a = 239° gedreht.

An Punkt 2 wird das Raumschiff in Bahnrichtung, also parallel zur Sonne, so stark beschleunigt, dass es das Schwerefeld der Erde mit einer Geschwindigkeit von 3160 m/s verlässt. Diese Geschwindigkeit wird dann stetig in potenzielle Energie umgesetzt, das heißt, die Entfernung zur Sonne steigt und die Geschwindigkeit sinkt. Nach 258 Tagen ist Punkt 3 erreicht. Die Geschwindigkeit ist nun geringer als die Bahngeschwindigkeit des Mars, der sich von hinten nähert. Um vom Gravitationsfeld des Mars eingefangen zu werden muss das Raumschiff um weitere 2682 m/s beschleunigt werden. Genau mit diesem Flugprofil werden unbemannte Sonden gewöhnlich zum Mars geflogen, weil der Energieaufwand gering ist und die Flugdauer zweitrangig ist.

Die Erde, die auf ihrer Bahn in etwa doppelt so schnell wie der Mars ist, ist inzwischen auf ihrer Bahn dem Mars um etwa 75° vorausgeeilt. Der Rückflug zur Erde kann am Mars erst dann erfolgen, wenn spiegelbildlich die Erde wieder 75° hinter dem Mars ist, was erst nach einem Aufenthalt auf dem Mars von 457 Tagen an Punkt 4 der Fall ist. Der Rückflug verläuft invers zum Hinflug, das heißt, das Gravitationsfeld des Mars muss mit 2682 m/s verlassen werden, der Flug dauert wie der Hinflug 258 Tage und das Eintreffen im Schwerefeld der Erde erfolgt mit einer Geschwindigkeit von 3160 m/s. Diese Geschwindigkeit muss an Punkt 5 wieder abgebaut werden, entweder als Bremsschub oder durch atmosphärische Reibung mit einem Hitzeschild.

Das Missionsprofil ist kompromisslos auf einen geringen energetischen Aufwand ausgerichtet. Der Preis, der dafür bezahlt werden muss, ist die enorm hohe Missionsdauer von 973 Tagen, davon 517 Tage im tiefen Weltraum. Die lange Missionsdauer bedingt einen hohen Aufwand an Logistik und Verbrauchsmaterialien, wie Wasser, Sauerstoff, Stickstoff und Nahrung. Die Besatzung wird sehr stark durch Strahlung und Schwerelosigkeit im Weltraum in Anspruch genommen. Auf dem Mars muss eine komplexe Infrastruktur verpflanzt werden, in der die Astronauten mehr als 15 Monate verweilen können.

Unten wird bald klar werden, dass dieses Missionsprofil einen weiteren Nachteil hat. Das große Raumschiff, das die Astronauten die volle Zeit im tiefen Weltraum, also 517 Tage lang aufnehmen muss, muss am Mars beschleunigt und beim Rückflug zur Erde wieder entsprechend abgebremst werden. Obwohl die jeweiligen Geschwindigkeitsänderungen geringstmöglich sind, ist der gesamte Energieumsatz durch die hohe Masse des Raumschiffes beträchtlich.

 

Zum Mars und zurück im Paternoster

Es gibt weitere Bahnen von der Erde zum Mars. In Bild 3 und 4 werden zwei Beispiele gezeigt, die die Besonderheit haben, dass nach einem oder zwei Umläufen um die Sonne nicht nur die Erdbahn erreicht wird, sondern dass die Erde zu diesem Zeitpunkt auch getroffen wird (freie Rückkehrbahn). Aus beiden Bahnen lässt sich eine alternative bemannte Marsmission kreieren, die deutlich kürzer als die Mission mit Verwendung der Hohmann-Bahn dauert. Die freien Rückkehrbahnen haben große Vorteile für die Gesamtenergie-Bilanz der Mission.

 Orbit Obelix

Bild 3: Orbit Obelix

Der Orbit von Obelix hat die gleiche große Halbachse wie die Erde, also 1,49 * 1011 m, was heißt, dass auch die Umlaufzeit um die Sonne derjenigen der Erde entspricht. Mit anderen Worten, beim Punkt 1 ist Obelix jedes Jahr in Erdnähe. Seine Exzentrizität ist so groß, dass die Marsbahn erreicht wird. Die Daten der Bahn sind wie folgt:

aO = 1,49 * 1011 m (große Halbachse der Ellipsenbahn)

bO = 1,26 * 1011 m (kleine Halbachse der Ellipsenbahn)

eO = 0,79 * 1011 m (Exzentrizität der Ellipsenbahn)

Achsenverhältnis: 0,848

TO = 365,25 d (Zeit für einen kompletten Umlauf um die Ellipse)

ΔvOE = 16260 m/s (Geschwindigkeitsdifferenz zur Erde beim Vorbeiflug)

ΔvOM = 7697 m/s (Geschwindigkeitsdifferenz zum Mars beim Vorbeiflug)

 Orbit Asterix

Bild 4: Orbit von Asterix

Der Orbit von Asterix ist so ausgelegt, dass die Umlaufzeit um die Sonne eineinhalb Jahre beträgt. Damit wird bei jeder zweiten Passage des Punktes 2 die Erde erreicht, also alle drei Jahre. Gleichzeitig ist auch hier die Exzentrizität so stark, dass die Marsbahn deutlich überschritten wird.

aA = 1,96 * 1011 m

bA = 1,90 * 1011 m

eA = 0,47 * 1011 m

Achsenverhältnis: 0,971

TA = 548 d

ΔvAE = 3437 m/s

ΔvAM = 4621 m/s

Das Profil einer Marsmission auf der Obelix-Bahn für den Hinflug zum Mars und der Asterix-Bahn für den Rückflug zur Erde ist in Bild 5 gezeigt.

 Missionsprofil Paternoster

Bild 5: Missionsprofil Paternoster

Die Bahn von Asterix ist gegenüber der Bahn von Obelix um –15,1° gedreht. Dies ist nötig, damit beim Rückflug vom Mars die Erde zur richtigen Zeit erreicht wird. Der Start von Obelix erfolgt mehrere Jahre vor der Beginn der ersten bemannten Mission. Mit einem Swingby-Manöver zunächst an der Venus und dann an der Erde wird Obelix auf seine endgültige Bahn gebracht. Diese Manöver sind notwendig, um Obelix mit einem vertretbaren Aufwand an Energie auf seine Bahn um die Sonne zu bringen. Asterix wird drei Jahre vor der Rückkehr der Astronauten vom Mars zur Erde mit einem einzigen Raketenstart unbemannt auf seine Bahn gebracht.

Bei Beginn der Mission müssen dann in Punkt 3 nur zwei kleine Kapseln mit jeweils zwei Astronauten auf 16 km/s beschleunigt werden, um Obelix zu erreichen. Obelix erreicht dann 243 Tage später in Punkt 4 die Marsbahn. Auf der hochexzentrischen Bahn wird die Bahn der Venus unterschritten und beinahe die Merkurbahn erreicht. Der Abbau der Geschwindigkeit beim Erreichen der Marsbahn ist sehr groß. Ein Einschwenken in den Marsorbit kann nur dann erfolgen, wenn eine weitere Beschleunigung der Kapseln mit den Astronauten um 7,8 km/s erfolgt. Sollten unvorhergesehene Probleme eintreten wird die Erde genau ein Jahr nach dem Abflug in Punkt 3 antriebslos wieder erreicht.

Bereits nach 44 Tagen auf dem Mars wird das Rückflugfenster zur Erde erreicht und Asterix fliegt in Punkt 5 am Mars vorbei. Die notwendige Geschwindigkeit der Kapseln mit den Astronauten beträgt 4,6 km/s, um sozusagen auf Asterix „aufzuspringen“. Die Ankunft an der Erde an Punkt 6 findet 187 Tage nach dem Verlassen des Mars statt. Die Geschwindigkeitsdifferenz von 3,4 km/s kann durch eine atmosphärische Abbremsung von Asterix abgebaut werden. Asterix verbleibt dann in einem niedrigen Erdorbit und kann dort für seinen nächsten „Roundtrip“ vorbereitet werden.

Obelix fliegt nach den Vorbeiflügen an der Erde ungebremst weiter. Dennoch müssen diese Vorbeiflüge genutzt werden, um ihn für weitere Missionen zu beladen. Das Startfenster für Marsmissionen öffnet sich alle 26 Monate, das heißt, dass Obelix mit zwei Transporten beladen werden kann. Der Orbit muss allerdings leicht geändert werden, damit er die Erde beim übernächsten Vorbeiflug erst nach 26 statt nach 24 Monaten erreicht, was mit einem nicht allzu großen Energieaufwand zu erreichen sein müsste.

Da Asterix drei Jahre unterwegs ist, das Startfenster für den nächsten Marsflug allerdings bereits nach 26 Monaten ist, braucht man zu dessen Nutzung entweder einen weiteren Asterix oder man nutzt nur jedes zweite Startfenster für bemannte Reisen zum Mars.

Die ausgesprochen günstige Mehrfachnutzung von Obelix und Asterix könnte den größten Nachteil des Paternoster-Konzepts, die hohen Geschwindigkeitsunterschiede an Erde und Mars, aufheben. Selbstverständlich müssten hier Aufwand und Nutzen sorgfältig abgewogen werden. Ein weiterer Vorteil des Konzepts ist die kurze Aufenthaltsdauer auf dem Mars. Eine genauere Einschätzung ist hier zu finden.

Hier sind alle Details zur Himmelsmechanik und die benötigten Berechnungen beschrieben. Die erforderlichen Kenntnisse entsprechen in etwa Abiturniveau im Leistungskurs Mathematik.

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